Derivate-Rechner: Bewertung von Discountzertifikaten, Turbozertifikaten, Wandelanleihen

Optionsscheinrechner gibt es "out there" wie Sand am Meer, z.B. den Klassiker von Onvista. Jedoch habe ich keinen Online-Rechner für die Bewertung und den Vergleich anderer, zur Zeit populärer strukturierter Finanzprodukte gefunden wie Als Java-Übung habe ich daher ein Applet zur Bewertung dieser Produkte programmiert.

Update Mai 2023: Diese Seite ist von 2002 und wohl kaum einer kann mehr Java-Applets starten. Dennoch wird diese Seite gelegentlich aufgerufen, weil sie einen anderen take hat, als die üblichen Derivaterechner out there: Es wird nicht nur der Preis in diversen Szenarien berechnet, sondern auch implizite andere Parameter wie implizite Vola oder implizite Rendite und auch die Zusammenänge zwischen den Kennzahlen bei den verschiedenen Derivatetypen anderswo nicht so anschaulich erklärt werden. Deshalb lasse ich sie bis auf Weiteres im Netz



Derivaterechner starten


Informationen zum Gebrauch des Derivaterechners

  1. Allgemein
  2. Strukturierte Zertifikate
    1. Discount-Zertifikate
    2. Turbozertifikate
  3. Strukturierte Anleihen
    1. Wandel- und Umtauschanleihen
    2. Aktienanleihen
  4. Optionen

Allgemein

Die meisten dieser strukturierten Produkte kann man in guter Näherung als Kombination von Anleihen, Aktien bzw. Indices sowie Call oder Put-Optionen ansehen, z.B. mit positiven Zahlen xi. Sowohl Anleihen als auch Optionen (bzw. Optionsscheine) gibt es in den vielfältigsten Ausstattungen (Laufzeit, Zinssatz, Basiswert, Strike-Preis etc, etc) und sie haben eine reichhaltige Auswahl von Kennzahlen (z.B. die "Griechen" bei den Optionen). Jeweils eine Kennzahl variiert jedoch bemerkenswert wenig und eignet sich gleichzeitig als Qualitätskriterium: Damit können auch die obigen strukturierten Finanzprodukte mit diesen Kennzahlen bewertet werden:

Implizite Volatilität des Optionsanteils:

Beim Kauf von Optionsscheinen, egal ob Call oder Put, gilt: Je niedriger desto besser.

Implizite effektive Rendite des Anleihenanteils:

Das Prinzip ist dasselbe:

Der Rechner kann also auf dreierlei Arten benutzt werden:

  1. Ermittlung des fairen Preises: Hat das zu untersuchende Produkt einen Optionsanteil (die Zeile "Volatilität" erscheint im Rechner), erkundigt man sich nach den implizite Volatilitäten von Optionsscheinen mit vergleichbarer Laufzeit und auf denselben Basiswert (z.B. mit dem Onvista-Rechner ) und gibt dies in den Derivate-Rechner ein. Analog gibt man bei Produkten mit Anleihenanteil die effektive Rendite von gewöhnlichen Firmenanleihen (vergleichbarer Bonität wie die des Emittenten) mit vergleichbarer Laufzeit ein. Mit "Berechne Kurs!" berechnet man dann den fairen Preis.

  2. Vergleich und Bewertung: Man gibt den konkreten Marktpreis ein und ermittelt mit dem Rechner die implizite Volatilität des Optionsanteils bzw. die effektive Rendite des Anleihenanteils. Bewertet wird wie oben beschrieben. Falls ein Produkt sowohl Anleihen- als auch Optionsanteile hat (Wandel- und Aktienanleihen), so muss man jeweils eine Kennzahl sowie den Preis vorgeben und kann die andere berechnen lassen.

  3. Simulieren von Szenarien: Um wieviel ändert sich der Preis, wenn die beteiligte Aktie steigt oder sinkt? Wie wirkt es sich aus, wenn die Bonität des Emittenden sinkt und damit die effektive Rendite des Anleihenteils steigt? Wie ändert sich der Preis, wenn sich nichts dergleichen ändert, aber drei Monate vergangen sind? All dies kann man simulieren, wenn man entsprechende Werte in den Rechner einsetzt und den Preis neu berechnen lässt.


Spezielle Hinweise


Strukturierte Zertifikate

Discount-Zertifikate

Wenn der Emittent Pleite geht, droht das Papier i.d.R. zu verfallen. Daher muss man für den Zinssatz nicht den
risikolosen Zinssatz öffentlicher Anleihen einsetzen, sondern den, zu dem man dem Emittenden auch eine gewöhnliche Anleihe abkaufen würde.

Turbo-Bull und Bear-Zertifikate

Charakteristisches Merkmal ist, dass bei Eintreten des Stop-Falls bzw. KO-Falls (Kurs sinkt unter Basiskurs bei den Turbo-Bulls bzw steigt über Basiskurs bei den Bears) die Laufzeit vorzeitig endet. Damit wird quasi ein Future nachgebildet, bei dem die Nachschusspflicht durch den Zwangs-Stopp vermieden wird. Idealerweise haben die Turbos keinerlei Anteile von Optionen und damit auch keine Vola-Abhängigkeit.

Die Konstrukte sind aber nur dann wirklich "optionsfrei", wenn beim Eintreten des Stop-Falls die Zinsen des Anleihenteils (das "Aufgeld") und ggf. die Differenz zwischen Stoppkurs und Basispreis abgerechnet wird!! Anscheinend ist dies nur bei ABN-Amro und bei BNP-Paribas der Fall (vgl. Börse Online 16/2002, S. 54).

Bei den anderen Turbo-Bulls sackt der Emittent das verbliebene Aufgeld vorzeitig ein! Man hat ihm also gewissermaßen zusätzlich eine (exotische) Knock-In Option verschenkt. Steigt die Vola, wird der Knock-In Fall wahrscheinlicher, so dass der Wert dieser hypothetisch verkauften Option steigt und der Gesamtpreis des Turbos mit steigender Vola also sinkt. Ist der Turbopreis entsprechend niedriger, kann das Ganze dennoch fair sein (kann noch nicht mit dem Rechner berechnet werden). Man hat damit sogar die Möglichkeit, auf steigende Kurse und fallende Volatilitäten zu setzen, was ja häufig gekoppelt ist.

Bei den Turbo-Bears ist das Aufgeld i.d.R. negativ. Da von Seiten des Käufers keine Nachschusspflicht besteht, hat hier der Käufer die hypothetische Knock-In Option und alles ist umgekehrt: Nahe der KO-Schwelle steigen die Bears wie gewöhnliche Optionsscheine mit steigender Vola.

Ist der Preis weiter als etwa 10% vom Stoppkurs entfernt, braucht einen all dies nicht zu kümmern. Die Turbos sind dann i.d.R. unabhängig von den Knockout-Modalitäten und können mit dem Derivaterechner bewertet werden.

Etwaige Dividenden bei Aktien-Turbos werden nicht berücksichtigt. Sie verringern i.d.R. geringfügig den Preis der Bulls und erhöhen den der Bears.

Strukturierte Anleihen

Wandel- und Umtauschanleihen

Die Berechnung gilt nur ohne Sonderregelungen, z.B. gestaffelte Wandlungsfristen mit unterschiedlichen Preisen, Sonderverkaufrecht des Emittenden etc. sowie ohne Dividenden.
Hinweis: Mitarbeiter-Optionsprogramme sind im Prinzip auch nix anderes als Wandelanleihen, allerdings meist mit gestaffelten Wandlungsfristen ...

Aktienanleihen

Da das Papier verfällt, wenn der Emittent Pleite geht, muss man für den Zinssatz nicht den
risikolosen Zinssatz öffentlicher Anleihen einsetzen, sondern den, zu dem man dem Emittenden eine gewöhnliche Anleihe abkaufen würde.

Gewöhnliche Optionen, Optionsscheine

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